Nachbarrecht
Nur selten kann man sich aussuchen,
mit wem man es als Wohnungs- oder Grundstücksnachbarn zu tun hat.
Unterschiedliche Temperamente und Empfindlichkeiten,
unterschiedliche Altersgruppen und Lebensweisen, Rücksicht und
Rücksichtslosigkeit können hier mangels Ausweichmöglichkeit so
unmittelbar wie sonst kaum in anderen Lebenssituationen
zusammenstoßen. So ist es nicht verwunderlich, dass es im
Nachbarschaftsverhältnis häufig Streit gibt. Manche dieser
Streitfälle ließen sich vermeiden, wenn die streitenden Nachbarn
ihre Recht und Pflichten besser kennen würden. Dass dies oft nicht
der Fall ist, hat seinen Grund auch darin, dass die Regeln für das
Nachbarschaftsverhältnis nicht in einem einheitlichen
"Nachbarrechtsgesetzbuch" festgelegt sind, das sich leicht
lesen und verstehen ließe. Vielmehr ist es so, dass sich
nachbarrechtliche Vorschriften in zahlreichen unterschiedlichen
Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften sowohl des
Zivilrechts, als auch des öffentlichen Rechts (gelegentlich auch
des Strafrechts) finden, die teils in bundesrechtlicher, teils in
landesrechtlicher Kompetenz erlassen wurden. Häufig wirken diese
unterschiedlichen Regelungen auch wechselseitig aufeinander ein, so
z.B. wenn Fragen der Zumutbarkeit im Zivilrecht durch
öffentlich-rechtlich festgelegte Richt- und Grenzwerte
konkretisiert werden. So ist in manchem Fall anwaltliche Hilfe
allein schon deshalb erforderlich, um überhaupt erst feststellen zu
können, welche nachbarrechtlichen Vorschriften existieren und im
konkreten Streitfall einschlägig sind. Besteht hier Klarheit,
lassen sich Streitigkeiten auch eher gütlich beilegen und
gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden.
Die häufigsten Streitigkeiten
unter Nachbarn betreffen Lärm, Gerüche und Fragen
der Gartennutzung.
a) Allgemeines
Lärm entsteht durch
Geräuschimmissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet
sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen
für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Lärm
ist in der modernen Industriegesellschaft zu einer zunehmenden
Belastung für die Bevölkerung geworden und damit zu einem
wesentlichen Faktor zivilisationsbedingter Umweltgefährdung. Wie
bei fast allen Umweltbelastungen ist der Mensch Verursacher und
Betroffener zugleich. Durch den zunehmenden Kraftfahrzeugverkehr,
die von gewerblichen und industriellen Anlagen und Sport- und
Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche sowie Flug- und
Schienenverkehr wird ein immer größerer Teil der Bevölkerung
dauerhaft Lärmbelastungen ausgesetzt. Aber auch die Nachbarschaft
ist häufig Quelle störenden Lärms und damit auch häufiger
Streitigkeiten, insbesondere dort, wo eine dichte Bebauung es dem
einzelnen immer schwerer macht, unerwünschten Geräuschen
auszuweichen. Lärm darf im übrigen nach wissenschaftlichen
Erkenntnissen nicht allein als Verursacher von Belästigung und
Ärger, sondern muss auch als Verursacher von gesundheitlichen
Beeinträchtigungen wie Kommunikationsstörungen, Konzentrations-
und Lernbeeinträchtigungen sowie Schlafstörungen angesehen werden.
Will man gegen eine
Lärmbeeinträchtigung in der Nachbarschaft vorgehen, kann man dies
durch zivilrechtliche, öffentlich-rechtliche oder u.U. auch
strafrechtliche Sanktionen erreichen.
b) Zivilrecht
aa) Wesentliche
Beeinträchtigung
Wichtigste zivilrechtliche
Vorschrift zur Beurteilung der Zulässigkeit von Lärm im
Nachbarschaftsverhältnis ist § 906 BGB. Hiernach kann der
Eigentümer eines Grundstücks die Einwirkung von Lärm
grundsätzlich dann verbieten, wenn diese Einwirkung die Benutzung
seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigt. Eine
wesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel dann vor, wenn die
in anderen Gesetzen und Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder
Richtwerte überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in
allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand
der Technik wiedergeben.
Die Feststellung des Ausmaßes von
Lärm erfolgt im Einzelfall durch eine Messung des Schalldrucks, die
im Ergebnis zu einem Schalldruckpegel, ausgedrückt in
Dezibel-Werten - dB(A) -, führt. Diese Messungen werden von hierauf
spezialisierten Ingenieursbüros durchgeführt. Die Messberichte
können als Sachverständigengutachten in Gerichtsverfahren
eingeführt werden.
Die wichtigsten Richtwerte zur
Beurteilung der Frage, ob eine Lärmquelle zu einer wesentlichen
Beeinträchtigung führt, stehen in der Technischen Anleitung zum
Schutz gegen Lärm ( TA-Lärm ). Danach ist zunächst zu
unterscheiden, ob Lärm von außen auf ein Gebäude einwirkt
oder ob es sich um Lärm innerhalb eines Gebäudes handelt.
Die wichtigsten Richtwerte für Lärm
außerhalb von Gebäuden sind nach der TA-Lärm :
In
Industriegebieten |
|
70
dB(A) |
In Gewerbegebieten
|
tags
nachts
|
65 dB(A)
50 dB(A)
|
In Kerngebieten, Dorfgebieten
und Mischgebieten
|
tags
nachts
|
60 dB(A)
45 dB(A)
|
In allgemeinen Wohngebieten
und Kleinsiedlungsgebieten
|
tags
nachts
|
55 dB(A)
40 dB(A)
|
In reinen Wohngebieten
|
tags
nachts
|
50 dB(A)
35 dB(A)
|
In Kurgebieten, für
Krankenhäuser
und Pflegeanstalten
|
tags
nachts
|
45 dB(A)
35 dB(A)
|
Einzelne kurzzeitige
Geräuschspitzen dürfen die Richtwerte des Tages um nicht mehr
als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht
mehr als 20 dB(A) überschreiten.
Lärm innerhalb von Gebäuden
darf nach der TA-Lärm unabhängig von der Lage des Gebäudes tags
35 dB(A) und nachts 25 dB(A) nicht überschreiten. Einzelne kurzzeitige
Geräuschspitzen dürfen die Richtwerte um nicht mehr als 10
dB(A) überschreiten.
Bei seltenen Ereignissen
betragen die Richtwerte für Lärm außerhalb von Gebäuden tags 70 dB(A) und nachts 55 dB(A).
Seltene Ereignisse sind solche, die an nicht mehr als 10 Tagen oder
Nächten eines Kalenderjahres und an nicht mehr als zwei aufeinander
folgenden Wochenenden stattfinden.
Die Werte für die Tageszeit
gelten zwischen 6.00 und 22.00 Uhr, die Werte für die Nachtzeit
zwischen 22.00 und 6.00 Uhr.
Diese Richtwerteregelung wird
speziell für den Betrieb von Sportanlagen durch die Sportanlagenlärmschutzverordnung
des Bundes weiter konkretisiert.
Der folgende Überblick über
einige Alltagsgeräusche hilft bei der Beurteilung dessen, was
bestimmte Dezibel-Werte im täglichen Leben ungefähr bedeuten :
Ticken einer Uhr |
10 dB(A)
|
Gehen auf weichem Teppich
|
15-20 dB(A)
|
Leises Blätterrauschen
|
25 dB(A)
|
Flüstern
|
30 dB(A)
|
Beginn der
Lärmbeeinträchtigung
|
35 dB(A)
|
Ventilatoren von Kopierern
und Computern
|
40-50 dB(A)
|
Normale Unterhaltung /
Sprechlautstärke
|
60 dB(A)
|
Vorbeifahrender PKW /
Staubsauger
|
70 dB(A)
|
Auto-Scooter mit Musik
|
72-84 dB(A)
|
Rasenmäher
|
80 dB(A)
|
Discomusik / Presslufthammer
/ Kreissäge
|
100-120 dB(A)
|
Düsenflugzeug (100m
entfernt)
|
130 dB(A)
|
|
|
bb) |
Duldungspflicht wesentlicher
Beeinträchtigungen wegen
Ortsüblichkeit |
Liegt eine wesentliche
Lärmbeeinträchtigung vor, so ist sie zivilrechtlich ausnahmsweise
dann hinzunehmen, wenn sie durch eine ortsübliche Benutzung
eines anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen
verhindert werden kann, die wirtschaftlich zumutbar sind. In
diesem Fall kann ein Ausgleich in Geld verlangt werden, wenn
die ortsübliche Benutzung eines Grundstücks über das zumutbare
Maß hinaus beeinträchtigt wird.
Die Beurteilung einer wesentlichen
Beeinträchtigung als ortsüblich erfolgt auf der Grundlage
eines Vergleichs der typischen Benutzung des störenden – nicht
des betroffenen – Grundstücks mit anderen Grundstücken des
Bezirks. Maßgeblich für die Beurteilung der Ortsüblichkeit ist
das Gepräge (Profil), das sich aus der Betrachtung des Zustands der
Mehrheit der Vergleichsgrundstücke ergibt. Entscheidend ist, ob es
eine Mehrheit von Grundstücken in der Umgebung mit einer nach Art
und Ausmaß gleichen Lärmintensität gibt.
Wesentliche ortsübliche
Beeinträchtigungen sind zivilrechtlich nur dann hinzunehmen, wenn
sie nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die
wirtschaftlich zumutbar sind. Unter wirtschaftlich zumutbaren
Maßnahmen sind alle technischen Einrichtungen sowie
betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten zu verstehen, die eine
Beeinträchtigung unter die Schwelle der Wesentlichkeit drücken.
Die Maßnahme muss technisch durchführbar, wirkungsvoll und
zumutbar sein. Würde die Maßnahme Aufwendungen verlangen, die
einen Betrieb existenziell gefährden, ist die Zumutbarkeit zu
verneinen. In diesem sicherlich sehr seltenen Fall kann der
Beeinträchtigte einen angemessenen Ausgleich in Geld
verlangen. Angemessen ist bei einer ausnahmsweisen Pflicht zur
Duldung wesentlicher Beeinträchtigungen der Ersatz
des vollen Schadens.
cc) Sanktionen
Lassen sich lärmbedingte
rechtswidrige Störungen und damit verbundene Konflikte unter
Nachbarn nicht gütlich beseitigen, kann der beeinträchtigte
Nachbar vom Störer für die Vergangenheit Schadenersatz und
für die Zukunft Unterlassung verlangen und gerichtlich
durchsetzen. Der Unterlassungsanspruch kann bei Wiederholungsgefahr
schnell und effektiv durch die Erwirkung einer einstweiligen
Verfügung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchgesetzt
werden.
Die Ansprüche auf Schadenersatz und Unterlassung stehen nicht
nur dem Eigentümer eines Grundstücks, sondern unter dem
Aspekt der Besitzstörung auch dem Besitzer, d.h. dem Mieter
oder Pächter zu. Auch das Verhältnis von Mietern und Pächtern
untereinander bestimmt sich hiernach. Der Mieter oder Pächter hat
aber auch die Möglichkeit, sich an den Vermieter/Verpächter zu
wenden. Denn dieser ist verpflichtet, dem Mieter/Pächter die
vertragsmäßige Nutzung zu ermöglichen. Hierzu gehört auch der
Schutz vor Störungen von dritter Seite.
c)
Lärmschutzregelungen des
öffentlichen Rechts
aa) Allgemeines
Öffentlich-rechtliche
Lärmschutzregelungen haben neben ihrer Bedeutung für die
Festlegung von zivilrechtlichen Zumutbarkeitsgrenzen im
Nachbarschaftsverhältnis – wie etwa die TA- Lärm im Rahmen des
§ 906 BGB – auch eine eigenständige ordnungsrechtliche
Funktion. Diese ordnungsrechtliche Funktion wirkt zwar nicht
unmittelbar im zivilrechtlichen Verhältnis der Nachbarn, sie gibt
dem durch rechtswidrigen Lärm gestörten Nachbarn jedoch die
Möglichkeit, die zuständige Ordnungsbehörde einzuschalten
und Abhilfe zu verlangen.
Im Folgenden werden beispielhaft
die wesentlichen Lärmschutzregelungen des Landesrechts für
Rheinland-Pfalz, insbesondere des Landes-Immissionsschutzgesetzes
dargestellt. Zuständige Behörde ist in der Regel die
Verbandsgemeindeverwaltung bzw. die Stadtverwaltung. Innerhalb der
Verwaltungen sind regelmäßig die Ordnungsämter die richtigen
Ansprechpartner.
bb) Schutz der Nachtruhe
In der Nachtzeit von 22.00 bis 6.00
sind grundsätzlich alle Betätigungen verboten, die zu einer
Störung der Nachtruhe führen können. Ausnahmen hiervon
gelten per Gesetz bei Gefahrensituationen (z.B. Feuerwehreinsatz in
der Nacht) und für bestimmte Gewerbebetriebe sowie im Falle von
Einzelgenehmigungen bei besonderem öffentlichen oder privaten
Interesse. Für Messen, Märkte, Volksfeste etc. sowie die Silvesternacht
und die damit verbundene Aussengastronomie kann die zuständige
Behörde allgemeine Ausnahmen zulassen, wenn dafür ein
öffentliches Bedürfnis besteht. Ein öffentliches Bedürfnis liegt
in der Regel dann vor, wenn eine Veranstaltung der Pflege des
historischen oder kulturellen Brauchtums dient oder sonst von
besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der
Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem
Interesse der Nachbarschaft an ungestörter Nachtruhe überwiegt.
cc) Schutz der Sonn- und
Feiertage
Eine generelle
Lärmschutzvorschrift für Sonn- und Feiertage enthalten darüber
hinaus die Feiertagsgesetze der Länder. So sind nach dem
Feiertagsgesetz für Rheinland-Pfalz an Sonntagen und gesetzlichen
Feiertagen grundsätzlich alle öffentlich bemerkbaren
Tätigkeiten verboten, die die äußere
Ruhe beeinträchtigen und dem Wesen des Sonn- und Feiertags
widersprechen. Ausnahmen gelten u.a. für Tätigkeiten der
öffentlichen Versorgung, der Gefahrenabwehr, für unaufschiebbare
Tätigkeiten im Haushalt und in der Landwirtschaft sowie für die
Öffentlichkeit nicht störende, nicht gewerbsmäßige Tätigkeiten
in Haus und Garten. Bei den erlaubten Tätigkeiten sind unnötige
Störungen und Geräusche zu vermeiden. Eine unmittelbare Störung
der Gottesdienste darf nicht eintreten.
dd) Benutzung und Betrieb von
Fahrzeugen
Bei der Benutzung und dem Betrieb
von Land- und Wasserfahrzeugen sind alle vermeidbaren Geräusche und
Luftverunreinigungen zu unterlassen, durch die eine andere Person
erheblich belästigt werden kann. Insbesondere ist es verboten,
- lärm- und abgaserzeugende
Motoren unnötig oder unnötig laut laufen zu lassen;
- Schallzeichen (Hupen) außer zur
Warnung abzugeben;
- Fahrzeugtüren oder Garagentore
unnötig laut zu schließen;
- beim Be- und Entladen von
Fahrzeugen unnötig Lärm zu erzeugen.
ee) Benutzung von Tongeräten
Tongeräte, insbesondere
Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente und ähnliche
Geräte dürfen nur in solcher Lautstärke benutzt werden,
dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden oder
die natürliche Umwelt nicht beeinträchtigt werden kann. Verboten
sind diese Tongeräte auf öffentlichen Verkehrsflächen, in
öffentlichen Anlagen, in Kraftfahrzeugen auf öffentlichen
Verkehrsflächen sowie in und auf sonstigen Anlagen, die der
allgemeinen Nutzung dienen, auf Zelt- und Campingplätzen, in
Schwimm- und Strandbädern sowie in der freien Natur, wenn hierdurch
andere erheblich belästigt werden können oder die natürliche
Umwelt beeinträchtigt werden kann. Eine gesetzliche Ausnahme gilt
für die Benutzung von Tongeräten für Wahlwerbung in den letzten
sechs Wochen vor Wahlen. Durch behördliche Entscheidung können
außerdem zeitlich begrenzt Darbietungen in innerstädtischen
Fußgängerzonen, insbesondere mit Musikinstrumenten, zugelassen
werden. Pressluft- und druckgasbetriebene Lärmfanfaren dürfen
generell nicht benutzt werden.
ff) Betrieb von Rasenmähern,
sonstigen Arbeitsgeräten etc.
Rasenmäher
außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Einsatzes dürfen
grundsätzlich an Werktagen in der Zeit von 13.00 bis 15.00 Uhr und
19.00 bis 7.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen nicht betrieben
werden. Die zuständige Behörde kann auf Antrag Ausnahmen zulassen,
wenn schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu befürchten sind. Als
besonders leise gekennzeichnete Rasenmäher dürfen auch in der
Mittagszeit und abends von 19.00 bis 22.00 Uhr betrieben werden.
Darüber hinaus dürfen
lärmerzeugende Arbeitsgeräte und Werkzeuge an Werktagen in
der Zeit von 19.00 bis 7.00 Uhr und von 13.00 bis 15.00 Uhr sowie an
Sonn- und Feiertagen von Privatpersonen nicht benutzt werden, sofern
hierdurch eine andere Person erheblich belästigt werden kann.
Lärmerzeugende Geräte zur Beseitigung von Schnee und Eis
dürfen dagegen ohne zeitliche Beschränkung benutzt werden, wenn
die Wetterlage dies erfordert. Altglas- und Weißblechcontainer
dürfen an Werktagen in der Zeit von 19.00 bis 7.00 Uhr nicht
benutzt werden, sofern hierdurch eine andere Person erheblich
belästigt werden kann.
gg) Sanktionen
Verstöße gegen diese
Lärmschutzvorschriften können bei den zuständigen
Ordnungsbehörden zur Anzeige gebracht und von diesen per
Ordnungsverfügung beendet werden. Weiterhin können diese
Verstöße nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz für
Rheinland-Pfalz als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu
5000 Euro geahndet werden. Eine ähnliche Sanktion sieht das
Ordnungswidrigkeitengesetz des Bundes vor.
d) Strafrecht
Neben zivilrechtlichen und
öffentlich-rechtlichen Sanktionen kann bei besonderen,
gesundheitsgefährdenden Lärmverursachungen auch eine Straftat nach
§ 325a StGB vorliegen, die mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe geahndet werden kann. Strafbar machen kann sich
primär der Lärmverursacher, daneben aber auch derjenige, der gegen
strafbar rechtswidrigen Lärm nicht einschreitet, sofern hierzu eine
besondere Verpflichtung (Garantenstellung) besteht, also z.B. auch
der verantwortliche Mitarbeiter der zuständigen Ordnungsbehörde.
Neben Lärm können sich im
nachbarschaftlichen Verhältnis auch störende Gerüche, z.B.
Essensdämpfe, Abfallgestank ,,Landluft" etc. auf Dauer als
konfliktträchtig erweisen. Ein zivilrechtlicher
Unterlassungsanspruch besteht für den Nachbarn wie bei Lärm
wiederum dann, wenn eine Geruchsbelästigung als wesentliche
Beeinträchtigung zu werten ist, die nicht als
ortsüblich hinzunehmen ist.
Anders als bei Lärm ist jedoch die
Beurteilung dessen, was als ,,wesentliche Beeinträchtigung"
anzusehen ist, schwieriger. Zwar existiert in Parallele
zur TA-Lärm für Gerüche auf der Grundlage des
Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) eine TA-Luft
(Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft), die im Rahmen des
§ 906 BGB zur Beurteilung heranzuziehen ist. Art und Ausmaß einer
Geruchsbelästigung ist jedoch im Einzelfall ungleich schwerer zu
beurteilen. Die Bewertung von Geruchsimmissionen hängt in
besonderer Weise auch davon ab, ob eine Immission als positiv (z.B.
Parfum) oder negativ (z.B. Fäkalien), als Belästigung oder
Bereicherung wahrgenommen wird. Auf die Bewertung wirken damit neben
objektiven auch subjektive Faktoren ein. Soweit keine
Gesundheitsgefährdung oder ein sonstiger erheblicher Nachteil
anhand der Grenzwerte der TA-Luft ermittelt werden kann, gibt es
kaum griffige Anhaltspunkte dafür, ab wann ein Geruch tatsächlich
nachhaltig störend ist. Die Gerichte stellen deshalb hier auf das
"Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des
betroffenen Grundstücks" ab. Zur Beurteilung der
Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung kommt es deshalb auch auf die
Zweckbestimmung des betroffenen Grundstücks an, ein Kriterium, das
eigentlich erst bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit zu erwarten
gewesen wäre. Angesichts dieser Sachlage sehen Gerichte bei
Streitigkeiten über Geruchsimmissionen häufig Bedarf für die
Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Im Zusammenhang mit
Geruchsimmissionen ist z.B. gerichtlich entschieden worden, dass
sommerliches Grillen auf einem Holzkohlengrill Rechte der
Nachbarschaft beeinträchtigen kann und deshalb mit dem Grill ein
möglichst großer Abstand zum Nachbarn einzuhalten und das Grillen
auf höchstens fünfmal im Jahr zu beschränken ist.
a) Allgemeines
Häufiger Gegenstand von
Nachbarschaftsstreitigkeiten ist auch der Garten und seine Nutzung.
Nicht eingehaltene Grenzabstände bei Bepflanzungen, Überhang von
Wurzeln und Zweigen oder die Gestaltung von Zäunen und Pergolen
sorgen oft für Konfliktstoff. Auch hier kann oftmals bereits die
Kenntnis der einschlägigen Vorschriften helfen, eine Streitigkeit
auszuräumen und damit eine das Nachbarschaftsverhältnis oftmals
dauerhaft belastende gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
Vorschriften über die Gartennutzung sind im Bürgerlichen
Gesetzbuch sowie in den jeweiligen Nachbarrechtsgesetzen der
Bundesländer enthalten. Im Folgenden wird beispielhaft auf das Nachbarrechtsgesetz
für Rheinland-Pfalz Bezug genommen.
b) Grenzabstände für Pflanzen
Die gesetzliche Regelung des
Abstands, den Pflanzen zur Grundstücksgrenze einzuhalten haben, ist
durchaus sinnvoll. Nur auf diese Weise können Streitigkeiten über
Verschattung, Laubfall, überwuchernde Äste und Wurzeln etc.
verhindert oder zumindest ausgeräumt werden. Es ist deshalb für
jeden Gartenbesitzer (Eigentümer oder Nutzungsberechtigten, d.h.
Mieter oder Pächter) ratsam, sich bereits vor einer Anpflanzung
genau zu erkundigen, wie groß, wie breit und wie hoch eine Pflanze
werden kann.
In Rheinland-Pfalz ist bei Bäumen,
je nach der Stärke ihres Wachstums, ein Grenzabstand zwischen 1,50
m (z.B. für bestimmte Kernobstbäume) und 4,00 m (z.B. für
Bergahorn, Sommerlinde, Fichte), bei Sträuchern ein
Grenzabstand zwischen 0,5 m und 1,0 m (für stark wachsende
Sträucher, z.B. Haselnuss, Flieder, Wacholder) einzuhalten. Hecken
müssen je nach Höhe einen Grenzabstand zwischen 0,25 m und 0,75 m
einhalten. Abweichende Regelungen gibt es für Rebstöcke und
Wald.
Der Abstand wird von der
Mitte des Baumstamms, des Strauchs, der Hecke oder des Rebstocks bis
zur Grenzlinie gemessen, und zwar an der Stelle, an der die
Pflanze aus dem Boden austritt.
Mit Spaliervorrichtungen und
Pergolen, die eine flächenmäßige Ausdehnung der Pflanzen
bezwecken, und die nicht höher als 2 m sind, ist ein Abstand von
0,50 m, und, wenn sie höher als 2 m sind, ein um das Maß der
Mehrhöhe größerer Abstand von der Grenze einzuhalten.
Werden die Grenzabstände nicht
eingehalten, hat der Nachbar grundsätzlich einen zivilrechtlich
durchsetzbaren Anspruch auf Beseitigung der Anpflanzung.
Dieser Anspruch ist aber zeitlich begrenzt. Er ist
ausgeschlossen, wenn der Nachbar nicht innerhalb von fünf Jahren
nach dem Anpflanzen Klage auf Beseitigung erhoben hat. Dieser
Ausschluss ist von besonderer Bedeutung z.B. bei der Anpflanzung von
Bäumen, die erst nach mehr als fünf Jahren das Nachbargrundstück
unerwünscht stark beschatten können.
c) Baumschutz
Nicht jeder Baum darf beliebig
gefällt oder gestutzt werden. Selbst wenn der Grenzabstand nicht
eingehalten wird, muss der Nachbar mit einem Baum leben, wenn die
örtliche Baumschutzsatzung dies bestimmt. Jede Gemeinde kann
nach dem Bundesnaturschutzgesetz eine solche Satzung oder Verordnung
erlassen. Bevor man also einem Baum zu Leibe rückt oder dies von
seinem Nachbarn verlangt, sollte man bei der Gemeinde erfragen, ob
eine derartige Vorschrift besteht und welche Bäume dadurch
geschützt sind. Sobald der störende Baum einen Stammumfang von
mehr als 60 cm und eine Höhe von etwa einen Meter erreicht hat,
besteht die Möglichkeit, dass er unter eine Baumschutzsatzung
fällt. Nur in Einzelfällen kann trotz Baumschutz ein Recht auf
Beseitigung des Baumes bestehen, nämlich dann, wenn es für den
Nachbarn unzumutbar wäre, die Störung weiterhin zu ertragen.
d) Überhang von Wurzeln und
Zweigen
Ein besonderes nachbarrechtliches
Selbsthilferecht besteht beim ,,Überhang" von Wurzeln und
Zweigen, sofern diese die Benutzung des Grundstücks
beeinträchtigen. Grundsätzlich muss der Nachbar weder Zweige
noch unterirdisch auf seinen Grund hinüberwachsende Wurzeln dulden.
Er darf sie nach dem Gesetz abschneiden und behalten. Bei Zweigen
allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er zuvor dem Nachbarn
Gelegenheit gegeben haben muss, die störenden Pflanzenauswüchse
innerhalb einer angemessenen Frist selbst zu beseitigen.
,,Angemessen" im Sinne des Gesetzes ist ein Frist von etwa drei
Wochen, wenn sie die Wachstums- und Obsterntezeit berücksichtigt.
Am sinnvollsten ist es deshalb, diese Frist im Herbst oder Winter zu
setzen. Für das Abschneiden von Wurzeln verlangt das Gesetz
ausdrücklich zwar keine Abstimmung mit dem Nachbarn, zur Wahrung
eines guten Nachbarschaftsverhältnisses sollte man aber auch in
diesem Fall Kontakt aufnehmen.
e) Gartenzaun
Nachbarrechtlich steht es
dem Grundstückseigentümer grundsätzlich frei, ob er sein
Grundstück "einfriedet", d.h. umzäunt. Liegt sein
Grundstück allerdings, wie im Normalfall, innerhalb eines im
Zusammenhang bebauten Ortsteils, ist er auf Verlangen des
Nachbarn zur Errichtung eines Zauns verpflichtet, wenn dies zum
Schutz des Nachbargrundstücks erforderlich ist. Art und
Höhe des Zauns richten sich nach der Üblichkeit; im Zweifel gilt
ein 1,2 m hoher fester Maschendrahtzaun als ortsüblich. Bei
aneinander grenzenden Grundstücken können die Nachbarn gegenseitig
voneinander verlangen, dass ein gemeinsamer Zaun auf die
Grundstücksgrenze gesetzt wird. Die Kosten für dessen
Errichtung und Unterhaltung sind dann zu teilen. Beabsichtigt
ein Grundstückseigentümer, einen Zaun zu errichten, zu beseitigen,
durch einen anderen zu ersetzen oder wesentlich zu verändern, so
hat er dies dem Nachbarn mindestens zwei Wochen vor Beginn
der Arbeiten anzuzeigen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Nachbar
den Zaun verlangt und sich an den Kosten beteiligt hat. Grenzt ein
Grundstück an ein außerhalb des Orts gelegenes landwirtschaftlich
genutztes Grundstück, das kein Bauland ist, so muss der Zaun
auf Verlangen des Nachbarn 0,5 m zurückbleiben, um eine Bearbeitung
mit Schleppern zu ermöglichen.
f) Bodenerhöhungen
Wer den Boden seines Grundstücks
über die Oberfläche des Nachbargrundstücks erhöht, muss einen geeigneten
Abstand von der Grundstücksgrenze einhalten oder geeignete
Vorkehrungen treffen und unterhalten, um zu verhindern, dass das
Nachbargrundstück durch Absturz oder Pressung des Bodens
geschädigt wird. Diese Verpflichtung geht auf spätere Eigentümer,
die die Erhöhung nicht selbst vorgenommen haben, über.
g) Betreten des Nachbargrundstücks
Das umzäunte Grundstück wird
durch das Zivilrecht, aber auch durch das Strafrecht gegen
eigenmächtiges Betreten durch Dritte geschützt. So wird nach §123 StGB (Hausfriedensbruch) auf Antrag derjenige mit
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, der
in das befriedete Besitztum eines anderen widerrechtlich eindringt.
Allerdings dringt nur derjenige widerrechtlich ein, der keine
Berechtigung hierzu hat. Eine Berechtigung, das
Nachbargrundstück zu betreten, kann sich aus folgenden Bestimmungen
ergeben :
aa) Verfolgungsrecht des Besitzers
Ist eine Sache (z.B. Ball,
Kaninchen etc) auf das Grundstück des Nachbarn gelangt, so hat
dieser grundsätzlich zu gestatten, dass man das Grundstück
betreten und die Sache selbst wieder wegschaffen darf. Falls hierdurch
ein Schaden entsteht (z.B. an Pflanzen, die niedergetrampelt
werden), ist dieser zu ersetzen. Ist ein Schaden zu erwarten, kann
der Nachbar die Gestattung solange verweigern, bis ihm Sicherheit
geleistet worden ist, z.B. durch Übergabe eines angemessenen
Geldbetrages. Die Verweigerung der Gestattung ist aber dann
unzulässig, wenn durch den damit verbundenen Zeitverzug eine Gefahr
eintreten würde.
bb) Hammerschlags- und
Leiterrecht
Auch die Vorschriften über das
Hammerschlags- und Leiterrecht geben ein Recht, das Nachbargrundstück zu betreten und
in bestimmter Weise in Anspruch zu nehmen. Insbesondere in dicht
bebauten Gebieten entsteht regelmäßig das Bedürfnis, im Zuge
von Bau-, Reinigungs- oder Erhaltungsarbeiten auf dem eigenen
Grundstück das Nachbargrundstück zu betreten und auf oder über
dem Nachbargrundstück Leitern oder Gerüste aufzustellen.
Da der Nachbar aber regelmäßig nicht begeistert sein wird, wenn
ein Gerüst in seinem Rosenbeet aufgestellt oder Baumaterial über
seinen englischen Rasen transportiert werden soll, bestimmt das
Nachbarrechtsgesetz, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen,
damit der Nachbar eine Duldungspflicht hat und wie er für die
entstehenden Unannehmlichkeiten zu entschädigen ist.
Eine Duldungspflicht besteht nur,
wenn und insoweit
das Vorhaben anders nicht
zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten
durchgeführt werden kann und
die mit der Duldung verbundenen
Nachteile und Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von
dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen.
Liegen diese Voraussetzungen vor,
ist das Recht mit größtmöglicher Schonung des
Nachbargrundstücks und nicht zur Unzeit auszuüben. Die
Absicht ist mindestens zwei Wochen vor Beginn der
Arbeiten anzuzeigen. Auf dem Nachbargrundstück entstehender Schaden
ist ohne Rücksicht auf Verschulden zu ersetzen. Auf Verlangen
des Nachbarn ist vor den Arbeiten Sicherheit in Höhe des
voraussichtlichen Schadens zu leisten, es sei denn, die Arbeiten
dulden zur Abwehr akuter Gefahr keinen Aufschub. Wird das
Nachbargrundstück länger als zwei Wochen in Anspruch
genommen, ist für die gesamte Zeit eine angemessene
Entschädigung zu zahlen, deren Höhe sich nach der
ortsüblichen Miete richtet.
Stand : 1. August 2001
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