Nachbarrecht
1. Einführung
2. Lärm
a) Allgemeines
b) Zivilrecht
aa) Wesentliche Beeinträchtigung
bb) Duldungspflicht wesentlicher Beeinträchtigungen wegen Ortsüblichkeit
cc) Sanktionen
c) Lärmschutzregelungen des öffentlichen Rechts
aa) Allgemeines
bb) Schutz der Nachtruhe
cc) Schutz der Sonn- und Feiertage
dd) Benutzung und Betrieb von Fahrzeugen
ee) Benutzung von Tongeräten
ff) Betrieb von Rasenmähern, sonstigen Arbeitsgeräten etc.
gg) Sanktionen
d) Strafrecht
3. Gerüche
4. Gartennutzung
a) Allgemeines
b) Grenzabstände für Pflanzen
c) Baumschutz
d) Überhang von Wurzeln und Zweigen
e) Gartenzaun
f) Bodenerhöhungen
g) Betreten des Nachbargrundstücks
aa) Verfolgungsrecht des Besitzers
bb) Hammerschlags- und Leiterrecht

 

1. Einführung

Nur selten kann man sich aussuchen, mit wem man es als Wohnungs- oder Grundstücksnachbarn zu tun hat. Unterschiedliche Temperamente und Empfindlichkeiten, unterschiedliche Altersgruppen und Lebensweisen, Rücksicht und Rücksichtslosigkeit können hier mangels Ausweichmöglichkeit so unmittelbar wie sonst kaum in anderen Lebenssituationen zusammenstoßen. So ist es nicht verwunderlich, dass es im Nachbarschaftsverhältnis häufig Streit gibt. Manche dieser Streitfälle ließen sich vermeiden, wenn die streitenden Nachbarn ihre Recht und Pflichten besser kennen würden. Dass dies oft nicht der Fall ist, hat seinen Grund auch darin, dass die Regeln für das Nachbarschaftsverhältnis nicht in einem einheitlichen "Nachbarrechtsgesetzbuch" festgelegt sind, das sich leicht lesen und verstehen ließe. Vielmehr ist es so, dass sich nachbarrechtliche Vorschriften in zahlreichen unterschiedlichen Gesetzen, Verordnungen und Verwaltungsvorschriften sowohl des Zivilrechts, als auch des öffentlichen Rechts (gelegentlich auch des Strafrechts) finden, die teils in bundesrechtlicher, teils in landesrechtlicher Kompetenz erlassen wurden. Häufig wirken diese unterschiedlichen Regelungen auch wechselseitig aufeinander ein, so z.B. wenn Fragen der Zumutbarkeit im Zivilrecht durch öffentlich-rechtlich festgelegte Richt- und Grenzwerte konkretisiert werden. So ist in manchem Fall anwaltliche Hilfe allein schon deshalb erforderlich, um überhaupt erst feststellen zu können, welche nachbarrechtlichen Vorschriften existieren und im konkreten Streitfall einschlägig sind. Besteht hier Klarheit, lassen sich Streitigkeiten auch eher gütlich beilegen und gerichtliche Auseinandersetzungen vermeiden.

Die häufigsten Streitigkeiten unter Nachbarn betreffen Lärm, Gerüche und Fragen der Gartennutzung.

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2. Lärm

a) Allgemeines

Lärm entsteht durch Geräuschimmissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Lärm ist in der modernen Industriegesellschaft zu einer zunehmenden Belastung für die Bevölkerung geworden und damit zu einem wesentlichen Faktor zivilisationsbedingter Umweltgefährdung. Wie bei fast allen Umweltbelastungen ist der Mensch Verursacher und Betroffener zugleich. Durch den zunehmenden Kraftfahrzeugverkehr, die von gewerblichen und industriellen Anlagen und Sport- und Freizeitanlagen ausgehenden Geräusche sowie Flug- und Schienenverkehr wird ein immer größerer Teil der Bevölkerung dauerhaft Lärmbelastungen ausgesetzt. Aber auch die Nachbarschaft ist häufig Quelle störenden Lärms und damit auch häufiger Streitigkeiten, insbesondere dort, wo eine dichte Bebauung es dem einzelnen immer schwerer macht, unerwünschten Geräuschen auszuweichen. Lärm darf im übrigen nach wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht allein als Verursacher von Belästigung und Ärger, sondern muss auch als Verursacher von gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Kommunikationsstörungen, Konzentrations- und Lernbeeinträchtigungen sowie Schlafstörungen angesehen werden.

Will man gegen eine Lärmbeeinträchtigung in der Nachbarschaft vorgehen, kann man dies durch zivilrechtliche, öffentlich-rechtliche oder u.U. auch strafrechtliche Sanktionen erreichen.

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b) Zivilrecht

aa) Wesentliche Beeinträchtigung

Wichtigste zivilrechtliche Vorschrift zur Beurteilung der Zulässigkeit von Lärm im Nachbarschaftsverhältnis ist § 906 BGB. Hiernach kann der Eigentümer eines Grundstücks die Einwirkung von Lärm grundsätzlich dann verbieten, wenn diese Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks wesentlich beeinträchtigt. Eine wesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel dann vor, wenn die in anderen Gesetzen und Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben.

Die Feststellung des Ausmaßes von Lärm erfolgt im Einzelfall durch eine Messung des Schalldrucks, die im Ergebnis zu einem Schalldruckpegel, ausgedrückt in Dezibel-Werten - dB(A) -, führt. Diese Messungen werden von hierauf spezialisierten Ingenieursbüros durchgeführt. Die Messberichte können als Sachverständigengutachten in Gerichtsverfahren eingeführt werden.

Die wichtigsten Richtwerte zur Beurteilung der Frage, ob eine Lärmquelle zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führt, stehen in der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm ( TA-Lärm ). Danach ist zunächst zu unterscheiden, ob Lärm von außen auf ein Gebäude einwirkt oder ob es sich um Lärm innerhalb eines Gebäudes handelt.

Die wichtigsten Richtwerte für Lärm außerhalb von Gebäuden sind nach der TA-Lärm :

 
In Industriegebieten    70 dB(A)

In Gewerbegebieten 

tags 
nachts 
65 dB(A)
50 dB(A)

In Kerngebieten, Dorfgebieten 
und Mischgebieten 

tags
nachts 
60 dB(A)
45 dB(A)

In allgemeinen Wohngebieten 
und Kleinsiedlungsgebieten 

tags
nachts 
55 dB(A)
40 dB(A)


In reinen Wohngebieten 

tags
nachts
50 dB(A)
35 dB(A)

In Kurgebieten, für Krankenhäuser und Pflegeanstalten 

tags
nachts 
45 dB(A)
35 dB(A)

 

Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Richtwerte des Tages um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten.

Lärm innerhalb von Gebäuden darf nach der TA-Lärm unabhängig von der Lage des Gebäudes tags 35 dB(A) und nachts 25 dB(A) nicht überschreiten. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Richtwerte um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten.

Bei seltenen Ereignissen betragen die Richtwerte für Lärm außerhalb von Gebäuden tags 70 dB(A) und nachts 55 dB(A). Seltene Ereignisse sind solche, die an nicht mehr als 10 Tagen oder Nächten eines Kalenderjahres und an nicht mehr als zwei aufeinander folgenden Wochenenden stattfinden.

Die Werte für die Tageszeit gelten zwischen 6.00 und 22.00 Uhr, die Werte für die Nachtzeit zwischen 22.00 und 6.00 Uhr.

Diese Richtwerteregelung wird speziell für den Betrieb von Sportanlagen durch die Sportanlagenlärmschutzverordnung des Bundes weiter konkretisiert.

Der folgende Überblick über einige Alltagsgeräusche hilft bei der Beurteilung dessen, was bestimmte Dezibel-Werte im täglichen Leben ungefähr bedeuten :

 

Ticken einer Uhr

10 dB(A)

Gehen auf weichem Teppich

15-20 dB(A)

Leises Blätterrauschen

25 dB(A)

Flüstern

30 dB(A)

Beginn der Lärmbeeinträchtigung

35 dB(A)

Ventilatoren von Kopierern und Computern

40-50 dB(A)

Normale Unterhaltung / Sprechlautstärke

60 dB(A)

Vorbeifahrender PKW / Staubsauger

70 dB(A)

Auto-Scooter mit Musik

72-84 dB(A)

Rasenmäher

80 dB(A)

Discomusik / Presslufthammer / Kreissäge

100-120 dB(A)

Düsenflugzeug (100m entfernt)

130 dB(A)


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bb)  Duldungspflicht wesentlicher Beeinträchtigungen wegen
Ortsüblichkeit

Liegt eine wesentliche Lärmbeeinträchtigung vor, so ist sie zivilrechtlich ausnahmsweise dann hinzunehmen, wenn sie durch eine ortsübliche Benutzung eines anderen Grundstücks herbeigeführt wird und nicht durch Maßnahmen verhindert werden kann, die wirtschaftlich zumutbar sind. In diesem Fall kann ein Ausgleich in Geld verlangt werden, wenn die ortsübliche Benutzung eines Grundstücks über das zumutbare Maß hinaus beeinträchtigt wird.

Die Beurteilung einer wesentlichen Beeinträchtigung als ortsüblich erfolgt auf der Grundlage eines Vergleichs der typischen Benutzung des störenden – nicht des betroffenen – Grundstücks mit anderen Grundstücken des Bezirks. Maßgeblich für die Beurteilung der Ortsüblichkeit ist das Gepräge (Profil), das sich aus der Betrachtung des Zustands der Mehrheit der Vergleichsgrundstücke ergibt. Entscheidend ist, ob es eine Mehrheit von Grundstücken in der Umgebung mit einer nach Art und Ausmaß gleichen Lärmintensität gibt.

Wesentliche ortsübliche Beeinträchtigungen sind zivilrechtlich nur dann hinzunehmen, wenn sie nicht durch Maßnahmen verhindert werden können, die wirtschaftlich zumutbar sind. Unter wirtschaftlich zumutbaren Maßnahmen sind alle technischen Einrichtungen sowie betriebswirtschaftlichen Möglichkeiten zu verstehen, die eine Beeinträchtigung unter die Schwelle der Wesentlichkeit drücken. Die Maßnahme muss technisch durchführbar, wirkungsvoll und zumutbar sein. Würde die Maßnahme Aufwendungen verlangen, die einen Betrieb existenziell gefährden, ist die Zumutbarkeit zu verneinen. In diesem sicherlich sehr seltenen Fall kann der Beeinträchtigte einen angemessenen Ausgleich in Geld verlangen. Angemessen ist bei einer ausnahmsweisen Pflicht zur Duldung wesentlicher Beeinträchtigungen der Ersatz des vollen Schadens.

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cc) Sanktionen

Lassen sich lärmbedingte rechtswidrige Störungen und damit verbundene Konflikte unter Nachbarn nicht gütlich beseitigen, kann der beeinträchtigte Nachbar vom Störer für die Vergangenheit Schadenersatz und für die Zukunft Unterlassung verlangen und gerichtlich durchsetzen. Der Unterlassungsanspruch kann bei Wiederholungsgefahr schnell und effektiv durch die Erwirkung einer einstweiligen Verfügung im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchgesetzt werden.

Die Ansprüche auf Schadenersatz und Unterlassung stehen nicht nur dem Eigentümer eines Grundstücks, sondern unter dem Aspekt der Besitzstörung auch dem Besitzer, d.h. dem Mieter oder Pächter zu. Auch das Verhältnis von Mietern und Pächtern untereinander bestimmt sich hiernach. Der Mieter oder Pächter hat aber auch die Möglichkeit, sich an den Vermieter/Verpächter zu wenden. Denn dieser ist verpflichtet, dem Mieter/Pächter die vertragsmäßige Nutzung zu ermöglichen. Hierzu gehört auch der Schutz vor Störungen von dritter Seite.

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c) Lärmschutzregelungen des öffentlichen Rechts

aa) Allgemeines

Öffentlich-rechtliche Lärmschutzregelungen haben neben ihrer Bedeutung für die Festlegung von zivilrechtlichen Zumutbarkeitsgrenzen im Nachbarschaftsverhältnis – wie etwa die TA- Lärm im Rahmen des § 906 BGB – auch eine eigenständige ordnungsrechtliche Funktion. Diese ordnungsrechtliche Funktion wirkt zwar nicht unmittelbar im zivilrechtlichen Verhältnis der Nachbarn, sie gibt dem durch rechtswidrigen Lärm gestörten Nachbarn jedoch die Möglichkeit, die zuständige Ordnungsbehörde einzuschalten und Abhilfe zu verlangen.

Im Folgenden werden beispielhaft die wesentlichen Lärmschutzregelungen des Landesrechts für Rheinland-Pfalz, insbesondere des Landes-Immissionsschutzgesetzes dargestellt. Zuständige Behörde ist in der Regel die Verbandsgemeindeverwaltung bzw. die Stadtverwaltung. Innerhalb der Verwaltungen sind regelmäßig die Ordnungsämter die richtigen Ansprechpartner.

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bb) Schutz der Nachtruhe

In der Nachtzeit von 22.00 bis 6.00 sind grundsätzlich alle Betätigungen verboten, die zu einer Störung der Nachtruhe führen können. Ausnahmen hiervon gelten per Gesetz bei Gefahrensituationen (z.B. Feuerwehreinsatz in der Nacht) und für bestimmte Gewerbebetriebe sowie im Falle von Einzelgenehmigungen bei besonderem öffentlichen oder privaten Interesse. Für Messen, Märkte, Volksfeste etc. sowie die Silvesternacht und die damit verbundene Aussengastronomie kann die zuständige Behörde allgemeine Ausnahmen zulassen, wenn dafür ein öffentliches Bedürfnis besteht. Ein öffentliches Bedürfnis liegt in der Regel dann vor, wenn eine Veranstaltung der Pflege des historischen oder kulturellen Brauchtums dient oder sonst von besonderer kommunaler Bedeutung ist und deshalb das Interesse der Allgemeinheit an der Durchführung der Veranstaltung gegenüber dem Interesse der Nachbarschaft an ungestörter Nachtruhe überwiegt.

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cc) Schutz der Sonn- und Feiertage

Eine generelle Lärmschutzvorschrift für Sonn- und Feiertage enthalten darüber hinaus die Feiertagsgesetze der Länder. So sind nach dem Feiertagsgesetz für Rheinland-Pfalz an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen grundsätzlich alle öffentlich bemerkbaren Tätigkeiten verboten, die die äußere Ruhe beeinträchtigen und dem Wesen des Sonn- und Feiertags widersprechen. Ausnahmen gelten u.a. für Tätigkeiten der öffentlichen Versorgung, der Gefahrenabwehr, für unaufschiebbare Tätigkeiten im Haushalt und in der Landwirtschaft sowie für die Öffentlichkeit nicht störende, nicht gewerbsmäßige Tätigkeiten in Haus und Garten. Bei den erlaubten Tätigkeiten sind unnötige Störungen und Geräusche zu vermeiden. Eine unmittelbare Störung der Gottesdienste darf nicht eintreten.

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dd) Benutzung und Betrieb von Fahrzeugen

Bei der Benutzung und dem Betrieb von Land- und Wasserfahrzeugen sind alle vermeidbaren Geräusche und Luftverunreinigungen zu unterlassen, durch die eine andere Person erheblich belästigt werden kann. Insbesondere ist es verboten,

- lärm- und abgaserzeugende Motoren unnötig oder unnötig laut laufen zu lassen;

- Schallzeichen (Hupen) außer zur Warnung abzugeben;

- Fahrzeugtüren oder Garagentore unnötig laut zu schließen;

- beim Be- und Entladen von Fahrzeugen unnötig Lärm zu erzeugen.

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ee) Benutzung von Tongeräten

Tongeräte, insbesondere Lautsprecher, Tonwiedergabegeräte, Musikinstrumente und ähnliche Geräte dürfen nur in solcher Lautstärke benutzt werden, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden oder die natürliche Umwelt nicht beeinträchtigt werden kann. Verboten sind diese Tongeräte auf öffentlichen Verkehrsflächen, in öffentlichen Anlagen, in Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen sowie in und auf sonstigen Anlagen, die der allgemeinen Nutzung dienen, auf Zelt- und Campingplätzen, in Schwimm- und Strandbädern sowie in der freien Natur, wenn hierdurch andere erheblich belästigt werden können oder die natürliche Umwelt beeinträchtigt werden kann. Eine gesetzliche Ausnahme gilt für die Benutzung von Tongeräten für Wahlwerbung in den letzten sechs Wochen vor Wahlen. Durch behördliche Entscheidung können außerdem zeitlich begrenzt Darbietungen in innerstädtischen Fußgängerzonen, insbesondere mit Musikinstrumenten, zugelassen werden. Pressluft- und druckgasbetriebene Lärmfanfaren dürfen generell nicht benutzt werden.

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ff) Betrieb von Rasenmähern, sonstigen Arbeitsgeräten etc.

Rasenmäher außerhalb des land- und forstwirtschaftlichen Einsatzes dürfen grundsätzlich an Werktagen in der Zeit von 13.00 bis 15.00 Uhr und 19.00 bis 7.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen nicht betrieben werden. Die zuständige Behörde kann auf Antrag Ausnahmen zulassen, wenn schädliche Umwelteinwirkungen nicht zu befürchten sind. Als besonders leise gekennzeichnete Rasenmäher dürfen auch in der Mittagszeit und abends von 19.00 bis 22.00 Uhr betrieben werden.

Darüber hinaus dürfen lärmerzeugende Arbeitsgeräte und Werkzeuge an Werktagen in der Zeit von 19.00 bis 7.00 Uhr und von 13.00 bis 15.00 Uhr sowie an Sonn- und Feiertagen von Privatpersonen nicht benutzt werden, sofern hierdurch eine andere Person erheblich belästigt werden kann. Lärmerzeugende Geräte zur Beseitigung von Schnee und Eis dürfen dagegen ohne zeitliche Beschränkung benutzt werden, wenn die Wetterlage dies erfordert. Altglas- und Weißblechcontainer dürfen an Werktagen in der Zeit von 19.00 bis 7.00 Uhr nicht benutzt werden, sofern hierdurch eine andere Person erheblich belästigt werden kann.

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gg) Sanktionen

Verstöße gegen diese Lärmschutzvorschriften können bei den zuständigen Ordnungsbehörden zur Anzeige gebracht und von diesen per Ordnungsverfügung beendet werden. Weiterhin können diese Verstöße nach dem Landes-Immissionsschutzgesetz für Rheinland-Pfalz als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu 5000 Euro geahndet werden. Eine ähnliche Sanktion sieht das Ordnungswidrigkeitengesetz des Bundes vor.

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d) Strafrecht

Neben zivilrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Sanktionen kann bei besonderen, gesundheitsgefährdenden Lärmverursachungen auch eine Straftat nach § 325a StGB vorliegen, die mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe geahndet werden kann. Strafbar machen kann sich primär der Lärmverursacher, daneben aber auch derjenige, der gegen strafbar rechtswidrigen Lärm nicht einschreitet, sofern hierzu eine besondere Verpflichtung (Garantenstellung) besteht, also z.B. auch der verantwortliche Mitarbeiter der zuständigen Ordnungsbehörde.

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3. Gerüche

Neben Lärm können sich im nachbarschaftlichen Verhältnis auch störende Gerüche, z.B. Essensdämpfe, Abfallgestank ,,Landluft" etc. auf Dauer als konfliktträchtig erweisen. Ein zivilrechtlicher Unterlassungsanspruch besteht für den Nachbarn wie bei Lärm wiederum dann, wenn eine Geruchsbelästigung als wesentliche Beeinträchtigung zu werten ist, die nicht als ortsüblich hinzunehmen ist.

Anders als bei Lärm ist jedoch die Beurteilung dessen, was als ,,wesentliche Beeinträchtigung" anzusehen ist, schwieriger. Zwar existiert in Parallele zur TA-Lärm für Gerüche auf der Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) eine TA-Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft), die im Rahmen des § 906 BGB zur Beurteilung heranzuziehen ist. Art und Ausmaß einer Geruchsbelästigung ist jedoch im Einzelfall ungleich schwerer zu beurteilen. Die Bewertung von Geruchsimmissionen hängt in besonderer Weise auch davon ab, ob eine Immission als positiv (z.B. Parfum) oder negativ (z.B. Fäkalien), als Belästigung oder Bereicherung wahrgenommen wird. Auf die Bewertung wirken damit neben objektiven auch subjektive Faktoren ein. Soweit keine Gesundheitsgefährdung oder ein sonstiger erheblicher Nachteil anhand der Grenzwerte der TA-Luft ermittelt werden kann, gibt es kaum griffige Anhaltspunkte dafür, ab wann ein Geruch tatsächlich nachhaltig störend ist. Die Gerichte stellen deshalb hier auf das "Empfinden eines verständigen Durchschnittsbenutzers des betroffenen Grundstücks" ab. Zur Beurteilung der Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung kommt es deshalb auch auf die Zweckbestimmung des betroffenen Grundstücks an, ein Kriterium, das eigentlich erst bei der Beurteilung der Ortsüblichkeit zu erwarten gewesen wäre. Angesichts dieser Sachlage sehen Gerichte bei Streitigkeiten über Geruchsimmissionen häufig Bedarf für die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Im Zusammenhang mit Geruchsimmissionen ist z.B. gerichtlich entschieden worden, dass sommerliches Grillen auf einem Holzkohlengrill Rechte der Nachbarschaft beeinträchtigen kann und deshalb mit dem Grill ein möglichst großer Abstand zum Nachbarn einzuhalten und das Grillen auf höchstens fünfmal im Jahr zu beschränken ist.

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4. Gartennutzung

a) Allgemeines

Häufiger Gegenstand von Nachbarschaftsstreitigkeiten ist auch der Garten und seine Nutzung. Nicht eingehaltene Grenzabstände bei Bepflanzungen, Überhang von Wurzeln und Zweigen oder die Gestaltung von Zäunen und Pergolen sorgen oft für Konfliktstoff. Auch hier kann oftmals bereits die Kenntnis der einschlägigen Vorschriften helfen, eine Streitigkeit auszuräumen und damit eine das Nachbarschaftsverhältnis oftmals dauerhaft belastende gerichtliche Auseinandersetzung zu vermeiden. Vorschriften über die Gartennutzung sind im Bürgerlichen Gesetzbuch sowie in den jeweiligen Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer enthalten. Im Folgenden wird beispielhaft auf das Nachbarrechtsgesetz für Rheinland-Pfalz Bezug genommen.

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b) Grenzabstände für Pflanzen

Die gesetzliche Regelung des Abstands, den Pflanzen zur Grundstücksgrenze einzuhalten haben, ist durchaus sinnvoll. Nur auf diese Weise können Streitigkeiten über Verschattung, Laubfall, überwuchernde Äste und Wurzeln etc. verhindert oder zumindest ausgeräumt werden. Es ist deshalb für jeden Gartenbesitzer (Eigentümer oder Nutzungsberechtigten, d.h. Mieter oder Pächter) ratsam, sich bereits vor einer Anpflanzung genau zu erkundigen, wie groß, wie breit und wie hoch eine Pflanze werden kann. 

In Rheinland-Pfalz ist bei Bäumen, je nach der Stärke ihres Wachstums, ein Grenzabstand zwischen 1,50 m (z.B. für bestimmte Kernobstbäume) und 4,00 m (z.B. für Bergahorn, Sommerlinde, Fichte), bei Sträuchern ein Grenzabstand zwischen 0,5 m und 1,0 m (für stark wachsende Sträucher, z.B. Haselnuss, Flieder, Wacholder) einzuhalten. Hecken müssen je nach Höhe einen Grenzabstand zwischen 0,25 m und 0,75 m einhalten. Abweichende Regelungen gibt es für Rebstöcke und Wald.

Der Abstand wird von der Mitte des Baumstamms, des Strauchs, der Hecke oder des Rebstocks bis zur Grenzlinie gemessen, und zwar an der Stelle, an der die Pflanze aus dem Boden austritt.

Mit Spaliervorrichtungen und Pergolen, die eine flächenmäßige Ausdehnung der Pflanzen bezwecken, und die nicht höher als 2 m sind, ist ein Abstand von 0,50 m, und, wenn sie höher als 2 m sind, ein um das Maß der Mehrhöhe größerer Abstand von der Grenze einzuhalten.

Werden die Grenzabstände nicht eingehalten, hat der Nachbar grundsätzlich einen zivilrechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Beseitigung der Anpflanzung. Dieser Anspruch ist aber zeitlich begrenzt. Er ist ausgeschlossen, wenn der Nachbar nicht innerhalb von fünf Jahren nach dem Anpflanzen Klage auf Beseitigung erhoben hat. Dieser Ausschluss ist von besonderer Bedeutung z.B. bei der Anpflanzung von Bäumen, die erst nach mehr als fünf Jahren das Nachbargrundstück unerwünscht stark beschatten können.

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c) Baumschutz

Nicht jeder Baum darf beliebig gefällt oder gestutzt werden. Selbst wenn der Grenzabstand nicht eingehalten wird, muss der Nachbar mit einem Baum leben, wenn die örtliche Baumschutzsatzung dies bestimmt. Jede Gemeinde kann nach dem Bundesnaturschutzgesetz eine solche Satzung oder Verordnung erlassen. Bevor man also einem Baum zu Leibe rückt oder dies von seinem Nachbarn verlangt, sollte man bei der Gemeinde erfragen, ob eine derartige Vorschrift besteht und welche Bäume dadurch geschützt sind. Sobald der störende Baum einen Stammumfang von mehr als 60 cm und eine Höhe von etwa einen Meter erreicht hat, besteht die Möglichkeit, dass er unter eine Baumschutzsatzung fällt. Nur in Einzelfällen kann trotz Baumschutz ein Recht auf Beseitigung des Baumes bestehen, nämlich dann, wenn es für den Nachbarn unzumutbar wäre, die Störung weiterhin zu ertragen.

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d) Überhang von Wurzeln und Zweigen

Ein besonderes nachbarrechtliches Selbsthilferecht besteht beim ,,Überhang" von Wurzeln und Zweigen, sofern diese die Benutzung des Grundstücks beeinträchtigen. Grundsätzlich muss der Nachbar weder Zweige noch unterirdisch auf seinen Grund hinüberwachsende Wurzeln dulden. Er darf sie nach dem Gesetz abschneiden und behalten. Bei Zweigen allerdings nur unter der Voraussetzung, dass er zuvor dem Nachbarn Gelegenheit gegeben haben muss, die störenden Pflanzenauswüchse innerhalb einer angemessenen Frist selbst zu beseitigen. ,,Angemessen" im Sinne des Gesetzes ist ein Frist von etwa drei Wochen, wenn sie die Wachstums- und Obsterntezeit berücksichtigt. Am sinnvollsten ist es deshalb, diese Frist im Herbst oder Winter zu setzen. Für das Abschneiden von Wurzeln verlangt das Gesetz ausdrücklich zwar keine Abstimmung mit dem Nachbarn, zur Wahrung eines guten Nachbarschaftsverhältnisses sollte man aber auch in diesem Fall Kontakt aufnehmen.

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e) Gartenzaun

Nachbarrechtlich steht es dem Grundstückseigentümer grundsätzlich frei, ob er sein Grundstück "einfriedet", d.h. umzäunt. Liegt sein Grundstück allerdings, wie im Normalfall, innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, ist er auf Verlangen des Nachbarn zur Errichtung eines Zauns verpflichtet, wenn dies zum Schutz des Nachbargrundstücks erforderlich ist. Art und Höhe des Zauns richten sich nach der Üblichkeit; im Zweifel gilt ein 1,2 m hoher fester Maschendrahtzaun als ortsüblich. Bei aneinander grenzenden Grundstücken können die Nachbarn gegenseitig voneinander verlangen, dass ein gemeinsamer Zaun auf die Grundstücksgrenze gesetzt wird. Die Kosten für dessen Errichtung und Unterhaltung sind dann zu teilen. Beabsichtigt ein Grundstückseigentümer, einen Zaun zu errichten, zu beseitigen, durch einen anderen zu ersetzen oder wesentlich zu verändern, so hat er dies dem Nachbarn mindestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Nachbar den Zaun verlangt und sich an den Kosten beteiligt hat. Grenzt ein Grundstück an ein außerhalb des Orts gelegenes landwirtschaftlich genutztes Grundstück, das kein Bauland ist, so muss der Zaun auf Verlangen des Nachbarn 0,5 m zurückbleiben, um eine Bearbeitung mit Schleppern zu ermöglichen. 

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f) Bodenerhöhungen

Wer den Boden seines Grundstücks über die Oberfläche des Nachbargrundstücks erhöht, muss einen geeigneten Abstand von der Grundstücksgrenze einhalten oder geeignete Vorkehrungen treffen und unterhalten, um zu verhindern, dass das Nachbargrundstück durch Absturz oder Pressung des Bodens geschädigt wird. Diese Verpflichtung geht auf spätere Eigentümer, die die Erhöhung nicht selbst vorgenommen haben, über.

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g) Betreten des Nachbargrundstücks

Das umzäunte Grundstück wird durch das Zivilrecht, aber auch durch das Strafrecht gegen eigenmächtiges Betreten durch Dritte geschützt. So wird nach §123 StGB (Hausfriedensbruch) auf Antrag derjenige mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, der in das befriedete Besitztum eines anderen widerrechtlich eindringt. Allerdings dringt nur derjenige widerrechtlich ein, der keine Berechtigung hierzu hat. Eine Berechtigung, das Nachbargrundstück zu betreten, kann sich aus folgenden Bestimmungen ergeben :

aa) Verfolgungsrecht des Besitzers

Ist eine Sache (z.B. Ball, Kaninchen etc) auf das Grundstück des Nachbarn gelangt, so hat dieser grundsätzlich zu gestatten, dass man das Grundstück betreten und die Sache selbst wieder wegschaffen darf. Falls hierdurch ein Schaden entsteht (z.B. an Pflanzen, die niedergetrampelt werden), ist dieser zu ersetzen. Ist ein Schaden zu erwarten, kann der Nachbar die Gestattung solange verweigern, bis ihm Sicherheit geleistet worden ist, z.B. durch Übergabe eines angemessenen Geldbetrages. Die Verweigerung der Gestattung ist aber dann unzulässig, wenn durch den damit verbundenen Zeitverzug eine Gefahr eintreten würde.

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bb) Hammerschlags- und Leiterrecht

Auch die Vorschriften über das Hammerschlags- und Leiterrecht geben ein Recht, das Nachbargrundstück zu betreten und in bestimmter Weise in Anspruch zu nehmen. Insbesondere in dicht bebauten Gebieten entsteht regelmäßig das Bedürfnis, im Zuge von Bau-, Reinigungs- oder Erhaltungsarbeiten auf dem eigenen Grundstück das Nachbargrundstück zu betreten und auf oder über dem Nachbargrundstück Leitern oder Gerüste aufzustellen. Da der Nachbar aber regelmäßig nicht begeistert sein wird, wenn ein Gerüst in seinem Rosenbeet aufgestellt oder Baumaterial über seinen englischen Rasen transportiert werden soll, bestimmt das Nachbarrechtsgesetz, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit der Nachbar eine Duldungspflicht hat und wie er für die entstehenden Unannehmlichkeiten zu entschädigen ist.

Eine Duldungspflicht besteht nur, wenn und insoweit

  • das Vorhaben anders nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann und
  • die mit der Duldung verbundenen Nachteile und Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen.

Liegen diese Voraussetzungen vor, ist das Recht mit größtmöglicher Schonung des Nachbargrundstücks und nicht zur Unzeit auszuüben. Die Absicht ist mindestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen. Auf dem Nachbargrundstück entstehender Schaden ist ohne Rücksicht auf Verschulden zu ersetzen. Auf Verlangen des Nachbarn ist vor den Arbeiten Sicherheit in Höhe des voraussichtlichen Schadens zu leisten, es sei denn, die Arbeiten dulden zur Abwehr akuter Gefahr keinen Aufschub. Wird das Nachbargrundstück länger als zwei Wochen in Anspruch genommen, ist für die gesamte Zeit eine angemessene Entschädigung zu zahlen, deren Höhe sich nach der ortsüblichen Miete richtet.

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Stand : 1. August 2001

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